Eicheln –gesund oder gefährlich?

Das letzte Jahr war wieder ein gutes Eicheljahr – alle paar Jahre sind die Erträge der Eichen besonders hoch. Zumindest in meiner Region habe ich im Wald den Eindruck, dass es geradezu Eicheln geregnet hat.

An einer meiner Wiesen steht eine Reihe wunderschöner, großer Eichen, die ihre Früchte reichlich auf diese Wiese geworfen haben.

In vielen Pferdegruppen und auf anderen Internetseiten kannst du immer wieder Warnungen zu dem Verzehr von Eicheln finden. Häufig liest man Geschichten von Pferden, die durch den Verzehr von Eicheln Hufrehe oder Koliken erlitten haben sollen.

Ich habe mich trotzdem dagegen entschieden, den Bereich auszuzäunen. Da die Wiese allerdings nur unter meiner Aufsicht offen ist, weil ich den Zaun dort noch überarbeiten muss, kann die Aufnahme der Eicheln nicht völlig unkontrolliert erfolgen. Die Ponys essen immer mal wieder welche, fressen aber auch Gras und vor allem das bereitgelegte Heu. Und sie sind auch nur eine begrenzte Zeit dort, die meiste Zeit verbringen sie im Paddockbereich, wo es neben Heu und Stroh ein paar Zweige und Brombeerhecke zum Knabbern gibt. Es ist interessant zu beobachten, dass sie dabei unterschiedlich gerne die Eicheln verspeisen. Würde einer von ihnen übermäßig viele Eicheln fressen, würde dies ich zur Vorsicht unterbinden. Denn Eicheln haben nicht nur die unten beschriebenen Heilwirkungen und einen bitteren Geschmack, sondern sie sind auch sehr fettreich, was sie aus Pferdesicht wiederum sehr lecker machen kann. Sie sind dadurch ein potenzielles Mastfutter.

Hier gilt meiner Meinung nach, wie bei fast allem: Die Dosis macht das Gift.

Inhaltsstoffe und Wirkungsweise

Eicheln sind reich an Gerbstoffen (besonders Tanninen) und enthalten Bitterstoffe und Flavonoide.

Der hohe Gerbstoffgehalt führt zu einer adstringierenden (zusammenziehend) und antiphlogistischen (entzündungshemmend) Wirkung. Daneben ist auch eine antivirale und anthelmintische (wurmtreibend) Wirkung gegen Fadenwürmer möglich. Dies kann also in geringer Menge gesundheitsfördernd, in hoher Dosierung allerdings auch schädlich wirken.

Daneben verfügen Eicheln auch über vorwiegend ungesättigte Fettsäuren und sind reich an B-Vitaminen.

Gerade auf den bei uns verbreiteten artenarmen Wiesen, auf welchen sogenannte „Leistungsgräser“ wie Weidelgras- und Schwingelsorten überwiegen und wenige bittere Kräuter wachen, fehlen unseren Pferden verdauungsfördernde Inhaltsstoffe. Eicheln können hier Abhilfe schaffen.

Krank durch oder trotz Eicheln?

Der angebliche Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Eicheln und dem Auftreten von Erkrankungen wie Hufrehe kann dabei häufig auch einen Trugschluss darstellen. So versuchen Pferde mit intakten Essinstinken, im Fall einer Entgleisung des Stoffwechsels, möglicherweise, dieser durch den Verzehr der Eicheln entgegenzuwirken. Der Auslöser der Rehe sind dann möglicherweise eher eine schlechte Heuqualität, Schimmelbelastung oder ungeeignete Gräser ohne alternatives Futterangebot. Das Pferd hat in einem solchen Fall versucht, sich selbst durch die Eicheln vor dem resultierenden Schaden zu bewahren.

Hier muss allerdings beachtet werden, dass unsere domestizierten Pferde, je nachdem, wie sie aufgewachsen sind, gehalten und gefüttert werden, sehr oft nicht mehr instinktsicher sind.

 

Die Dosis macht das Gift

Eicheln können also insgesamt – in geringer Menge – eine sinnvolle Ergänzung des Speiseplans darstellen und den Stoffwechsel deines Pferdes potenziell unterstützen.

Natürlich empfehle ich auf keinen Fall, dass du dein Pferd jetzt ungeprüft mit großen Mengen Eicheln fütterst. Wenn nicht genug hochwertiges Raufutter zur Verfügung steht oder dein Pferd bezüglich seines Stoffwechsels oder seiner Fressinstinkte nicht optimal „funktioniert“, besteht tatsächlich die Gefahr, dass dein Pferd bei einem Überangebot mehr Eicheln isst, als es verträgt.

Wenn aber deine gesamte Fütterung artgerecht ist – also genug hochwertiges Heu, Weidegang, natürliche Mineralstoffe usw., dann kannst du deinem Pferd kleine Mengen Eicheln als Bereicherung seines Speisplans anbieten. Beim Sammeln achte bitte darauf, dass die Eicheln reif (also braun und nicht grün) sind und keine kleinen Wurmlöcher haben. Du solltest die Eicheln nicht unter ein anderes Futter mischen, sondern pur anbieten, damit dein Pferd klar unterscheiden kann, was es zu sich nimmt.

Wenn dein Pferd sich sehr auf die Eicheln stürzt, kann dies ein Hinweis auf Verdauungsprobleme sein und einen Anlass darstellen, die Fütterung, Haltung und Gesundheit deines Lieblings einmal ganzheitlich zu überprüfen.

Meine Ponys essen zum Beispiel in der Regel eine gute Hand voll je Pony nicht auf. Es gibt auch Tage, an denen sie gar keine Eicheln essen möchten.

Früher wurden die Früchte von wildwachsenden Gehölzen – eben auch von Eichen – übrigens ganz regelmäßig für den menschlichen und den tierischen Verzehr gesammelt. Eicheln wurden zu Brot oder Kaffee verarbeitet. Dazu wurden die Gerbstoffe durch intensives Wässern ausgewaschen

Quellen:

Rahmann, G. (2004): Gehölzfutter – eine neue Quelle für die ökologische Tierernährung, Landbauforsch Völkenrode, SH 272, S. 29-42.

Reichling, J. et al. (2008): Heilpflanzenkunde für die Veterinärpraxis, 2. Auflage, Springer.